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Mietende: 

Schadensersatz bei Schlüsselverlust?

Rechtsanwalt Dr. Hans Reinold Horst

Besonders bei Vertragsende und Rückgabe der Mieträume zeigt sich das Problem: Einzelne oder sogar alle Schlüssel sind weg und können nicht zurückgegeben werden. Natürlich kann dieses Thema auch während des laufenden Mietvertrags auftreten. Sofort stellt sich die Frage: Gibt es Schadensersatz? Besonders bei Schließanlagen kann das richtig teuer werden, erst recht in Mehrfamilienhäusern. 

Dazu folgendes: 

Schadensersatz setzt eine Verletzung von Sorgfaltspflichten und ein Verschulden daran voraus. Seine Sorgfaltspflicht verletzt, wer zum Beispiel die Schlüssel unbeobachtet in einem geparkten Pkw zurücklässt, und so deren Diebstahl ermöglicht. Ein entsprechendes Verschulden wird dann gesetzlich vermutet. Allerdings kommt es auch auf die Gefahr eines konkreten Missbrauchs des verlorenen oder gestohlenen Schlüssels an. 

Diese Gefahr wurde in dem genannten Fall vom OLG Dresden angenommen, weil über den Pkw, sein amtliches Kennzeichen und über sonstige persönliche Gegenstände im Auto des Bestohlenen der Rückschluss auf seine Wohnadresse möglich war (OLG Dresden, Urteil vom 20.8.2019 - 4 U 665/19, juris). Allgemeinfähiger formuliert dies der BGH in seinem Urteil vom 5.3.2014 (VIII ZR 205/13, ZMR 2014, 626: „Gibt der Mieter einer Wohnung bei seinem Auszug einen von zwei überlassenen Wohnungsschlüsseln nicht zurück, steht dem Vermieter ein Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 280 Abs. 1, 535 Abs. 1, 546 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB zu, weil der Mieter seine mietvertraglichen Nebenpflicht zur Obhut über den nicht mehr auffindbaren Schlüssel verletzt hat“ (ebenso LG München, Urteil vom 18.6.2020 - 31 S 12365/19, ZMR 2020, 755). 

Da diese Pflichtverletzung wie gesagt ein Verschulden indiziert, muss der Mieter sich entlasten und den Gegenbeweis dafür antreten, dass zum Beispiel der Austausch einer Schließanlage nicht veranlasst war. Dies gelingt ihm, wenn er vortragen und nachweisen kann, dass eine konkrete Zuordnung des abhandengekommenen oder gestohlenen Schlüssels zu einer bestimmten Immobilie nahezu unmöglich erscheint. Dies wurde so vom AG Bautzen (Urteil vom 11.9.2020 - 20 C 207/19, ZMR 2020, 1035) in einem Fall angenommen, in dem der Sohn des Mieters die Hausschlüssel in einer weit vom Wohnort entfernten Sportanlage verloren hatte; dies ohne jeden Bezug zur Hausadresse etwa durch Schlüsselanhänger etc. Ergebnis in diesem Falle: kein Schadensersatz. 

Ergebnis: 

Für die Frage, ob der Mieter bei verlorenen oder gestohlenen Schlüsseln zahlen muss kommt es immer auf eine Betrachtung des Einzelfalles an. Entscheidend ist, ob eine konkrete Gefahr eines Missbrauchs des verlorenen Schlüssels durch Dritte nachweislich besteht und so einen Anspruch des geschädigten Vermieters auf Ersatz der Austauschkosten einer Schließanlage begründet (BGH, Urteil vom 5.3.2014 - VIII ZR 205/13, ZMR 2014, 626; OLG Dresden, Urteil vom 20.8.2019 - 4 U 665/19). 

Und: 

Ein Austausch der Schließanlage, bzw. des Schließzylinders mit jeweils neu angeschafften Schlüsseln muss tatsächlich stattgefunden haben. Sonst fehlt es an einem erstattungsfähigen Vermögensschaden. Eine fiktive Abrechnung soll dann nicht in Betracht kommen (BGH, Urteil vom 5.3.2014 - VIII ZA 205/13, ZMR 2014, 626; ebenso auch AG Bautzen, Urteil vom 11.9.2020 - 20 C 207/19, juris; anderer Ansicht aber: BGH, Urteil vom 19. April 2023 – VIII ZR 280/21 –, juris; BGH, Beschluss vom 6. 20.4.2022 - VIII ZR 364/20, NJW-RR 2022, 1307 Rn. 8 ff; BGH, Beschluss vom 10. Mai 2022 - VIII ZR 277/20, NJW-RR 2022, 1460 Rn. 14 ff; BGH, Urteil vom 31.3.2021 - XII ZR 42/20, NJW-RR 2021, 803 Rn. 15 - fiktive Schadensberechnung im Mietrecht grundsätzlich möglich). Nun noch kurz zu dem speziellen Fall einer verbauten Schließanlage, die sich nicht erweitern lässt. Auf diesen Umstand muss der Vermieter den Mieter besonders hinweisen. Andernfalls trägt er im Schadensfall die Kosten, die sich daraus ergeben, dass er keine erweiterbare Schließanlage eingebaut hat, aus dem Gesichtspunkt der eigenen Schadensminderungspflicht (§§ 241 Abs. 2,254 BGB; so: LG München, Urteil vom 18.6.2020 - 31 S 12365/19, ZMR 2020, 755). Der Vermieter kann dem entgehen, indem er das fragliche Wohnungsschloss auf Kosten des Schädigers, also seines Mieters, durch einen Schließzylinder austauscht, der nicht zur Schließanlage gehört (so ausdrücklich: LG München, a. a. O.).

Von alledem zu unterscheiden ist der Schadensersatz für den fehlenden Schlüssel selbst; er ist in jedem Fall unabhängig von einer konkreten Missbrauchsgefahr durch Dritte geschuldet.

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