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Verwertung der Kaution bei Vertragsende

Kaution

Neues zur Verrechnung mit verjährten Forderungen des Vermieters

Rechtsanwalt Dr. Hans Reinold Horst, Hannover / Solingen

Allgemein bekannt ist, dass im freifinanzierten Wohnungsbau eine vereinbarte und gewährte Mietkaution zur Sicherung aller Forderungen aus dem Mietverhältnis dient. Nicht während des laufenden Vertrags (dazu: BGH, Urteil vom 7.5.2014 - VIII ZR 2 34/13, NJW 2014, 2496 Rn. 13, 24), wohl aber bei Vertragsende darf die erhaltene Mietkaution dann auch durch Verrechnung mit Gegenforderungen des Mieters aus dem Mietverhältnis verwertet werden (BGH, Urteil vom 24. Juli 2019 – VIII ZR 141/17, NJW 2019, 3371). Neben der Sicherungsfunktion für Ansprüche kommt der Kaution noch eine Verwertungsfunktion zu, jedenfalls bei Vertragsende. 

"Aufrechnung" mit Forderungen

Juristisch bezeichnet man die Verrechnung mit Gegenforderungen gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch mit dem Begriff „Aufrechnung“ (§ 387 BGB). Aufgerechnet werden kann aber nur mit „gleichartigen“ Forderungen. Typischerweise geht es bei Vertragsende auch um Ansprüche wegen Veränderung oder wegen Verschlechterung der Mietsache, also um Schadensersatzansprüche. Dabei bezieht sich der Anspruchsinhalt zunächst nach dem Gesetz auf die Wiederherstellung eines unbeschädigten Zustands vor dem Eingriff durch den Schädiger (§ 249 Abs. 1 BGB; Naturalrestitution). Stattdessen kann der Geschädigte wählen, ob er seinen Schadensersatz in Geld liquidieren möchte (§ 249 Abs. 2 BGB; Ersetzungsbefugnis).

Lesetipp zur Verwertung der Kaution bei Vertragsende

Bevor sich Vermieter und Mieter nach beendetem Mietverhältnis endgültig trennen, kommt es häufig zu Auseinandersetzungen.
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Umgangssprachlich als „Kaution“ bezeichnet, trägt die Mietsicherheit dem Sicherungsbedürfnis des Vermieters Rechnung, auf eine zusätzliche Haftungsmasse zur Befriedigung seiner Ansprüche gegen den Mieter aus dem Mietverhältnis zugreifen zu können.
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Ersetzungsbefungnis nur unverjährt?

Diese Ersetzungsbefugnis muss nach bisheriger Auffassung in der Instanzenrechtsprechung aber in unverjährter Zeit ausgeübt werden, sodass sich ebenso in unverjährter Zeit einmal der Kautionsrückzahlungsanspruch als Zahlungsanspruch und auch der Schadensersatzanspruch, ebenfalls als Zahlungsanspruch, gerichtet auf eine Geldleistung, dann auch aufrechenbar gegenüberstehen (§ 215 BGB). Warum?

Werde diese Ersetzungsbefugnis nicht geltend gemacht, so würden sich ungleichartige Forderungen gegenüberstehen, was die Aufrechnungsmöglichkeit ausschließe (§ 387 BGB; KG, Beschluss vom 2.12.2019 - 8 U 104/17, juris Rn. 11 f m. w. N. LG Berlin, Hinweisbeschluss vom 25.10.2023 - 67 S 241/23, BeckRS 2023, 35102 = ZMR 2024, 207 = IMR 2024, 96; LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 25.7.2023 - 7 S 3897/22, juris). Die Konsequenz aus dieser Ansicht: Innerhalb der 6-monatigen Verjährungsfrist muss die Ersetzungsbefugnis ausgeübt und der Schadensersatzanspruch in Euro und Cent beziffert werden. Geschieht das, kann noch nach 6 Monaten, also nach Eintritt der Verjährung, aufgerechnet werden. Der Vorteil: So kann man sich unter Umständen eine Zahlungsklage sparen.

Seit dem Urteil des BGH vom 10.7.2024 - VIII ZR 184/23 ist das alles „Geschichte“...

Worum geht es?

Der Mietvertrag endet, die Wohnung wird am 8.11.2019 zurückgegeben. Mieter M verlangt seine gezahlte Barkaution heraus. Mit Schreiben vom 20.5.2020, also später als 6 Monate seit Rückgabe der Wohnung, rechnet Vermieter V über die Kaution ab. Er rechnet mit streitigen Schadensersatzansprüchen wegen Beschädigung der Mietsache in einer Höhe auf, die die Kaution übersteigt. M wendet Verjährung (§ 548 Abs. 1 BGB) ein und besteht auf die Rückzahlung. Die Vorinstanzen sprechen die Rückzahlungsklage zu, der BGH hilft V.

Die Gründe

Für die Aufrechenbarkeit des Schadensersatzanspruches mit dem Kautionsrückzahlungsanspruch komme es nicht darauf an, dass das Wahlrecht des Geschädigten innerhalb unverjährter Zeit (6 Monate seit Rückgabe der Wohnung; § 548 Abs. 1 BGB) geltend gemacht worden sei, sich der Schadensersatzanspruch damit in dieser Zeit als Geldanspruch darstelle und im Verhältnis zum Kautionsrückzahlungsanspruch „gleichartig“ sei. Denn unabhängig von einer formell ausgeübten Wahl des Geschädigten zwischen Wiederherstellung (Naturalrestitution) und Geldersatz sei die im Mietvertrag getroffene Barkautionsabrede so auszulegen, dass der Vermieter nach Vertragsende die Kaution in jedem Fall durch Aufrechnung verwerten und mit etwaigen Schadenersatzansprüchen wegen Beschädigung der Mietsache verrechnen dürfe; dies unabhängig von der fehlenden Ausübung der Ersetzungsbefugnis (Wahlrecht) in unverjährter Zeit. Denn die gestellte Barkaution diene gerade der Sicherung der Ansprüche des Vermieters; nach Vertragsende solle er sich auf einfache Weise durch Aufrechnung gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch befriedigen können. Demgegenüber stelle sich die Ersetzungsbefugnis als lediglich formaler Schritt im Vorfeld der letztlich maßgeblichen Kautionsabrechnung dar.

Nachzutragen ist:

Neben der eigentlichen Aufrechnung mit Gegenansprüchen kann der Vermieter auch ein Zurückbehaltungsrecht an der Kaution oder an Teilen der Kaution geltend machen und damit die Herausgabe der Kautionsleistung verweigern (vgl. nur: OLG Dresden, Urteil vom 7.9.2022 – 5 U 816/22 –, juris). Nach der Auffassung des LG Berlin soll dies aber ebenfalls eine Aufrechnungslage auch nach Eintritt der Verjährung voraussetzen (so LG Berlin, Hinweisbeschluss vom 25.10.2023 - 67 S 241/23, BeckRS 2023, 35102 = ZMR 2024, 207 = IMR 2024, 96 zu §§ 387,215, 249 Abs. 2 Satz 1 BGB). Mit dem Urteil des BGH vom 10.7.2024 kann es aber dann auch in Bezug auf das Zurückbehaltungsrecht auf eine Aufrechnungslage nicht mehr ankommen.