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Heiztemperatur
Mieter dürfen regeln, Vermieter nicht!
Rechtsanwalt Dr. Hans Reinold Horst
Seit dem 1. September 2022 ist es amtlich: Mietverträge, die Mieter zur Gewährleistung einer Mindestraumtemperatur verpflichten, werden für 6 Monate, also bis zum 28. Februar 2023, ausgesetzt. Der Staat verfügt dies mit einem „Wortungetüm“, einer Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen (Kurzfristenenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung - kurz: EnSikuMaV), die das Berliner Regierungskabinett am 24. 8. 2022 beschlossen hat und die nun ohne Zustimmung des Bundesrats durch Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft gesetzt werden kann (§ 3 Abs. 1 Satz 1 EnSikuMaV in Verbindung mit § 30 Abs. 4 Energiesicherheitsgesetz - EmSG)..
Der Staat greift also schon selbstherrlich in die bislang rechtlich geltende Privatautonomie (Vertragsfreiheit) ein, und das auch noch einseitig zugunsten einer Vertragspartei, der Mieter, und zum Nachteil des Vertragspartners, der Vermieter. Wie „sinnvoll“ das ist, zeigen Satz 2 und 3 der Vorschrift: Dem Mieter ist aufgegeben, durch ein angemessenes Heiz- und Lüftungsverhalten Schäden an der Mietsache vorzubeugen. Er müsste also Bauexperte, Physiker und professioneller Feuchtigkeits- sowie Schimmelverhüter sein, um dieser Pflicht zu genügen. Dass diese Erwartung nur scheitern kann, zeigen die jahrelange Beratungspraxis sowie eine Flut von Gerichtsentscheidungen zur Verantwortlichkeit für Schimmelbildungen und Schimmelschäden.
Das letzte, was Vermieter und Mieter in dieser jetzt belastenden Zeit der Energiekrise brauchen, ist weiterer Streit. Der aber ist nicht vorprogrammiert, sondern absolut sicher.
In der Praxis ist es dabei typisch, dass wechselseitig Ursachen- und Schuldzuweisungen erfolgen; der Mieter rügt einen Baumangel, der Vermieter ein falsches Lüftungs- und Heizverhalten. Das geschieht aus Vermietersicht insbesondere bei Zahlungs- und/oder Räumungsklagen. Aus Mietersicht werden Schimmelursachen insbesondere bei Mangelbeseitigungsklagen oder bei Klagen auf Feststellung einer Minderungsberechtigung oder auch auf Kostenvorschuss zur Selbstbeseitigung eingetretener Mängel hinterfragt. Schadensersatzklagen mit der Vorfrage einer Ursachenklärung für eingetretene Schimmelschäden werden dabei von beiden Seiten geführt. Diese Rechtsstreite werden zunehmen und die Justiz wie die beteiligten Prozessparteien zusätzlich belasten. Dabei bekommt Recht, wer die Ursache im Risiko- und damit im Verantwortungsbereich des Prozessgegners nachweisen kann.
Was der Staat jetzt „erreicht“ hat:
Mit dieser Regelung legt er die Verantwortung für entstehende Schimmelschäden a priori in die Hand der Mieter. Denn sie müssen dann ein adäquates unzumutbares Heizungsverhalten sowie ein vermehrtes Lüftungsverhalten nachweisen, wenn Gasmangel bedingt nicht mehr ausreichend geheizt werden kann oder wenn die Mieter selbst zur Kosteneinsparung nicht mehr adäquat geheizt haben die Begründung des beschlossenen Verordnungsentwurfs wörtlich (Stand 23. August 2022, Seite 19, 2. und 4. Absatz):
„Dabei bleibt die Verantwortlichkeit des Mieters für die Vermeidung von Schäden an der Mietsache bestehen. Dass bei einer Temperaturabsenkung erhöhte Risiko von Schimmelbildung ist durch ein sorgfältiges und verstärktes Lüftungsverhalten auszugleichen. Das gilt auch während (längerer) Abwesenheit des Mieters. Daraus ergibt sich, dass die Möglichkeit einer Temperaturabsenkung grundsätzlich in der Normalsituation eröffnet wird, in der die Wohnung auch genutzt wird. Auch während längerer (Urlaubs-) Abwesenheit ist Schäden am Gebäude durch ein angemessenes Lüftungs- und Heizverhalten vorzubeugen. Mieter werden dem in den Zeiten ihrer Abwesenheit Rechnung tragen müssen, indem sie ein angemessenes Temperaturniveau aufrechterhalten.“
Und weiter:
„Beim Auftreten von Schimmel- und Frostschäden während einer Temperaturabsenkung durch den Mieter sind eventuelle Verursachungsbeiträge aus der Sphäre des Vermieters unverändert zu berücksichtigen.“
Ob der Staat damit irgendjemandem hilft oder nur erneut „verschlimmbessert“, darf deutlich bezweifelt werden. Denn mit dieser Regelung sitzt auch der Mieter sprichwörtlich „im Kalten“. Der Vermieter jedenfalls kann sich jetzt mit dem geführten Nachweis aus der Affäre ziehen, dass bautechnisch und bauphysikalisch sowie heizungstechnisch keine Defekte bestehen, folglich kein Mangel an der Sache, sprich an den Mieträumen vorliegt. Und dann landet der Ball im Spielfeld, sprich im Verantwortungsbereich des Mieters!
Nähere Informationen dazu bietet die Broschüre:
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