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Winterdienst
Darlegungs- und Beweislast bei Glatteisunfällen
Rechtsanwalt Dr. Hans Reinold Horst, Hannover / Solingen
Fußgänger G betritt bei landesweiten Minustemperaturen einen vereisten Weg, der in Teilen nicht oder nur schlecht abgestreut ist. Schon bei den ersten Schritten stürzt er schwer und verletzt sich. Er klagt gegen E, über dessen Grundstück der Weg führt, auf Schadensersatz. E wendet haftungsausschließendes Eigenverschulden des geschädigten G ein. Der Bundesgerichtshof hat das letzte Wort (BGH, Beschluss vom 1.7.2025 - VI ZR 357/24, MDR 2025, 1331):
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Die winterliche Räum- und Streupflicht auf Straßen oder Wegen setze eine konkrete Gefahrenlage voraus.
Notwendig dafür sei eine „allgemeine Glätte“ und nicht nur einzelne Glättestellen (ebenso: BGH, Urteil vom 14.2.2017 - VI ZR 254/16, MDR 2017, 454). Diese Umstände müsse der Verletzte beweisen, um daraus den Schluss zu ziehen, dass eine Streupflicht entsteht und sich eine schuldhafte Verletzung dieser Pflicht ergibt (ebenso: BGH, Urteil vom 12.6.2012 - VI ZR 138/11, MDR 2012, 910). Diesen Erfordernissen an die Vortrags- und Beweislast ist genügt, wenn vorgetragen wird, dass
- bei einer Temperatur von 0 °C Glättebildung vorlag,
- dafür Beweis durch die Einholung eines meteorologischen Sachverständigengutachtens angeboten wird,
- weiter mit Beweisantritt ausgeführt wird, der Bürgersteig vor dem Grundstück des Beklagten sei verreist und durchgängig spiegelglatt gewesen, und wenn schließlich vorgetragen wird,
- die Bürgersteige vor den benachbarten Grundstücken seien gestreut gewesen.
Wird dagegen ein weit überwiegender Verursachungsbeitrag des Geschädigten selbst mit der Folge eines Haftungsausschlusses geltend gemacht, so ist dieser Einwand nur von Bedeutung, wenn das Handeln des Geschädigten von einer ganz besonderen, schlechthin unverständlichen Sorglosigkeit gekennzeichnet ist (ebenso: BGH, Urteil vom 20.6.2013 - III ZR 326/12, MDR 2013, 970). Der Geschädigte muss sich einer von ihm erkannten erheblichen Gefahr bewusst - „sehenden Auges“ - ausgesetzt haben (BGH, a.a O.). Dafür darlegungs- und beweislastpflichtig ist der Schädiger (ebenso: BGH, Urteil vom 17.3.2009 - VI ZR 166/08, MDR 2009, 749).
Von einer solchen bewussten Selbstgefährdung kann nun wiederum nicht ausgegangen werden, wenn der Geschädigte unwiderlegt vorträgt, dass er sich in dem Moment, als er bemerkt habe, dass die Fläche glatt gewesen sei und deshalb unverzüglich die Straßenseite habe wechseln wollen, schon ausgerutscht sei. Denn dann muss davon ausgegangen werden, dass er die Glätte nicht schon vor dem Betreten der Eisfläche erkannt habe, sondern erst, als er sich bereits auf der Eisfläche befand (so BGH, Beschluss vom 1.7.2025 - VI ZR 357/24, Rn. 22 der Entscheidungsgründe).
Ergebnis:
Wer nicht fegt und streut, hat „beste Karten“, dafür knallhart zur Verantwortung gezogen zu werden. Auf eine Haftpflichtversicherung sollte man dann nicht bauen. Denn hier gibt es bei grober Fahrlässigkeit zumindest starke Einschränkungen beim Versicherungsschutz!