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Nachbarrecht

Grenzen der Videoüberwachung

Rechtsanwalt Dr. Hans Reinold Horst, Hannover / Solingen

Videoüberwachung ist so lange in Ordnung, wie nur das eigene Grundstück erfasst wird. Werden darüber hinaus Nachbargrundstücke oder öffentliche Wege abgebildet, so verstößt dies gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des dort wohnenden oder flanierenden Publikums und kann nach §§ 823, 1004 BGB abgewehrt werden (BGH, Urteil vom 21. Oktober 2011 – V ZR 265/10, juris; AG München, Urteil vom 28. Februar 2019 – 484 C 18186/18 WEG, juris). Zeichnet sich für den Nachbarn ab, dass eine Kamera installiert werden soll, die ihn erfasst, ergibt sich ein vorbeugender Unterlassungsanspruch. Er besteht anders als zum Beispiel ein Schadensersatzanspruch bereits dann, wenn ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, der Anspruchsgegner werde sich in naher Zukunft rechtswidrig verhalten (so ausdrücklich für eine geplante Videoüberwachung: OLG Köln, Urteil vom 30. Oktober 2008 – 21 U 22/08, juris). Er kann also Prophylaxemaßnahmen ergreifen.

Wann ensteht Überwachungsdruck?

Ob die Kamera tatsächlich „scharf geschaltet ist“, bleibt unerheblich. Denn der erzeugte Überwachungsdruck reicht (BGH, Urteil vom 16. März 2010 – VI ZR 176/09, NJW 2010, 1533 = IMR 2010, 243; OLG Köln, Urteil vom 22. September 2016 – I-15 U 33/16, NJW 2017, 835; LG Osnabrück, Beschluss vom 9. Juli 2019 – 4 S 116/19 –, juris, LG Bonn, Urteil vom 16. November 2004 – 8 S 139/04; NJW-RR 2005, 1067). Deshalb interessiert auch nicht, ob die Kamera aufzeichnen kann oder ob es sich nur um eine Kameraattrappe handelt (LG Düsseldorf, Urteil vom 28. November 2013 – 19 S 25/13, ZMR 2014, 472; AG München, Urteil vom 28.2.2019 - 484 C 18186/18, juris; vgl. zur Abgrenzung von Objektschutz und Datenschutz: Zerull, GE 2021, 1301 ff).

Für die abwehrfähige Verletzung des Persönlichkeitsrechts reicht es aus, dass es sich um eine Kamera des Nachbarn handelt, die potenziell zur Überwachung geeignet ist; dies insbesondere dann, wenn die Kamera elektronisch so geschwenkt werden kann, dass sie fremde Grundstücke erfassen kann (AG Gelnhausen, Urteil vom 4.3.2024 - 52 C 76/24, IMR 2024, 476 = ZMR 2025, 91). Entscheidend ist, dass die Kamera eine solche elektronische Steuerungsfunktion besitzt. Das reicht für die gerechtfertigte Befürchtung des Nachbarn, überwacht zu werden. Er ist dann einem geschaffenen Überwachungsdruck ausgesetzt und gewinnt Abwehransprüche wegen einer Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus §§ 823, 1004 BGB. Ob die selbstständige Steuerungsfunktion tatsächlich eingesetzt wird, interessiert dabei nicht. Das gilt in besonderem Maße, wenn das Nachbarschaftsverhältnis angespannt ist (AG Gelnhausen, a. a. O.).

Der anspruchsauslösende Überwachungsdruck muss sich allerdings aus räumlichen, optischen und technischen Gegebenheiten objektiv begründen lassen. Anders gesagt: Die entstehende Befürchtung muss auf einem plausiblen Grund beruhen. Deswegen scheidet der Überwachungsdruck aus, wenn die Kameraeinstellung nur mit erheblichem und sichtbarem manuellen Aufwand verändert und das Gerät so auf das Nachbargrundstück gerichtet werden kann (BGH, Urteil vom 16. März 2010 – VI ZR 176/09, NJW 2010, 1533 = IMR 2010, 243).

Nachbarschaftsstreit rechtfertigt Entfernung nicht

Weil es eines solchen objektiven Grundes als Basis eines anzunehmen Überwachungsdrucks bedarf, besteht ein Anspruch auf Entfernung einer Überwachungskamera nicht, wenn die Sorge des Nachbarn, vermeintlich überwacht zu werden, allein auf einem Nachbarschaftsstreit beruht, ohne dass objektive Anhaltspunkte diesen Verdacht belegen (für eine Kamera zur Überwachung des eigenen Carports: KG, Urteil vom 14.3.2025 - 21 U 202/24, BeckRS 2025, 4996 mit Anmerkung von Tank, IMR 2025, 207; vgl. auch BGH, Urteil vom 21. Oktober 2011 – V ZR 265/10, juris rn. 12). Auch dann darf der Nachbar sein eigenes Eigentum - hier seinen Carport mit eingestellten Pkw - durch eine Kameraüberwachung schützen, solange er seinem Nachbarn durch konkrete Maßnahmen die Sorge nimmt, dessen Persönlichkeitsrecht zu verletzen (so zum Beispiel durch die Beteiligung des zuständigen Datenschutzbeauftragten sowie durch Einbeziehung des klagenden Nachbarn selbst bei der Planung und Installation der Kamera; zu derartigen Maßnahmen im Sinne einer Prophylaxe gegen nachbarliche Klagen sehr zu Recht ratend: Tank, a. a. O.).

Lesetipp

Abwehr nachbarlicher Störungen
Die Broschüre thematisiert außer der Beeinträchtigung durch Nachbars Bäume und Pflanzen nahezu alle Formen nachbarlicher Störungen.
PREIS: 14,95 EUR
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