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Nachbarrecht

Tierisch!

Rechtsanwalt Dr. Hans Reinold Horst, Hannover / Solingen

Entzünden sich nachbarliche Streitigkeiten an gehaltenen Tieren, so geht es häufig um Tierlärm, Tiergeruch oder um „ungebetene Besucher“ auf dem eigenen Grundstück. Beim Tierlärm ist zu unterscheiden zwischen 

  • „normalen“ Haustieren (z. B. kein Gepard im Wohngebiet, OVG Lüneburg, Beschluss vom 18.11.2009 – 4 LA 371/08 –, juris, kein bissiges Minischwein, AG München, Urteil vom 6.7.2004 - 413 C 12.648/04, WuM 2005, 649 und OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 5.2.2025 - 8 A 11067/24 OVG, juris) in üblicher begrenzter Anzahl (nur dies ist in reinen und allgemeinen Wohngebieten so zulässig: Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 18. April 2019 – 2 A 2/18 –, juris, Rn. 14 der Entscheidungsgründe),

  • Zuchteinrichtungen, und regelrechten Mastbetrieben. Bei gewerblichen Formen der Tierhaltung, insbesondere bei Zuchteinrichtungen und Mastbetrieben kann man dabei nicht nur immissionsrechtlich, sondern auch bauplanungsrechtlich vorgehen, wenn die genannten Einrichtungen dem Gebietscharakter ihres Standortes nicht entsprechen (VG Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 18. Januar 2016 – 3 K 890/15.NW, juris - Haltung von 9 Husky-Hunden zum Angebot von Hundeschlittenfahrten im reinen Wohngebiet verwehrt, schon die Haltung von mehr als 2 Hunden im Gewerbegebiet soll baurechtlich unzulässig sein; anderer Ansicht: OLG Oldenburg, NJW-RR 1991, 1230: eine Hundezucht soll in einem allgemeinen Wohngebiet mit bis zu 6 Hunden zulässig sein; VG Mainz Urteil vom 25.4.2018 - 3 K 289/17.MZ, NJW-aktuell Heft 24/2018, S. 9 - Pferdehaltung im Außenbereich; erlaubt). Dann entstehen Gebietserhaltungsansprüche sowie Ansprüche auf Umsetzung des Gebots nachbarlicher Rücksichtnahme auch bei verletzten baurechtlichen Vorschriften, geltend zu machen gegenüber der zuständigen Bauaufsichtsbehörde und gerichtet darauf, die reklamierte Nutzung des Nachbargrundstücks zu untersagen.


In dem hier möglichen Rahmen widmen wir uns der Kategorie „Haustier“.

  • Das Jaulen, Winseln oder das Gebell von Hunden kann eine wesentliche Beeinträchtigung darstellen (OLG Brandenburg, Urteil vom 8.6.2017 - 5 U 115/15, NZM 2018, 238 bereits für Hundegebell im Mischgebiet). Der Hundehalter muss in diesen Fällen sicherstellen, dass vor 7 Uhr morgens, zwischen 13 und 15 Uhr mittags und nach 22 Uhr keine Geräuschimmissionen durch Hundegebell auf das Nachbargrundstück einwirken (OLG Köln MDR 1993, 1083; LG Mainz DWW 1996, 50 [für ländliche Gegenden]). Besonders in der Nachtzeit ist Hundegebell über ein anlassbezogenes Anschlagen hinaus tabu (OLG Brandenburg, Urteil vom 11. Januar 2007 – 5 U 152/05 –, juris; OLG Brandenburg, Urteil vom 08. Juni 2017 – 5 U 115/15, NZM 2018, 238; OLG Hamm NJW-RR 1990, 335). Dem tritt das OLG Düsseldorf (NJW-RR 1995, 542) mit dem Hinweis entgegen, der Nachbar habe keinen Anspruch darauf, dass zu bestimmter Zeit jegliches Gebell eines Hundes unterbunden werde. 

    Wie der Nachbar seinen Hund ruhig stellt, ist seine Sache. Das kann ihm wieder vorgeschrieben werden, noch muss im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung eine konkrete Maßnahme der Störungsabwehr vorgeschlagen oder gar verlangt werden (BGH, Urteil vom 5.2.1993 - V ZR 62/91, NJW 1993, 1656; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.8.2009 - 3 Wx 233/08, NZM 2009, 748). Ob er also eine Hundeschule aufsucht, den Hund zum Beispiel während der Ruhezeiten an einem anderen Ort hält oder wie auch immer er vorgeht, das ist seine Sache. Unternimmt der Hundehalter aber nichts und lässt seinen Hund unaufhörlich bellen, kann die Ordnungsbehörde ihm das Tier wegnehmen. Denn: „Tiere sind so zu halten, dass andere Personen durch Geräusche nicht unzumutbar beeinträchtigt werden. Bellen zwei Hunde (als wachhundegehaltene Dobermänner) über eine lange Zeit hinweg sowohl tags als auch nachts gravierend und andauernd, so stellt dies eine Verletzung der öffentlichen Sicherheit dar, die die Sicherstellung der beiden Hunde rechtfertigt“ (Beschluss vom 03.09.2009 – 1 B 215/09 (NJW 2010, S. 168 = NZM 2010, S. 210; zur bejahten Zahlungspflicht des Halters zweier deutscher Doggen, die auf seinem Grundstück frei herumlaufen, für einen Polizeieinsatz, den verängstigte Nachbarn initiiert hatten: VG Neustadt, Urteil vom 22.8.2011 - 5 K 256/11.NW, juris; Zahlungspflicht auch dann, wenn die von den Nachbarn angenommene Gefahr durch die frei laufenden Hunde in Wirklichkeit nicht bestand - Anscheinsgefahr).

  • Auch das schrille, über Stunden andauernde Pfeifen eines Graupapageis übersteigt ortsübliche Lärmbelästigungen durch Tiere erheblich und muss nicht hingenommen werden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Januar 1990 – 5 Ss (OWi) 475/89 - (OWi) 197/89 I, NJW 1990, 1677); ggf. hat der Tierhalter dafür zu sorgen, dass Ruhezeiten eingehalten werden. So entschied das LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 13. 6. 1995 – 13 S 9530/94, DWW 1996, 50), dass das Pfeifen eines Rosenköpfchens (papageiähnlicher Vogel) in der Zeit von 9 bis 12 Uhr und von 13 bis 16 Uhr zu dulden, wohingegen in den Abend- und Morgenstunden sowie zur Mittagszeit der Anspruch des Nachbarn auf Ruhe vorrangig sei.

  • Das Krähen von Hähnen wurde als wesentliche Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks im Sinne von §§ 906, 1004 BGB gewertet (LG Ingolstadt NJW-RR 1991, 654; vertiefend Gaisbauer, DWW 1993, 192 f.). Ebenso wie bei Hunden kann der lärmgestresste Nachbar verlangen, dass der Hahn auf dem Grundstück so gehalten wird, dass er in der Zeit von 20:00 Uhr abends bis 7:00 Uhr morgens und am Wochenende (Samstag und Sonntag) in der Zeit von 19:00 Uhr bis morgens um 8:00 Uhr nicht gestört wird (LG Bad Kreuznach, Urtel vom 15.1.2019 - 1 S 83/18, juris = NZM-Info Heft 3/2019, S. V).

  • Zur Lärmeinwirkung durch Frösche im benachbarten Gartenteich äußerte sich die Rechtsprechung mehrfach (BGH MDR 1993, 868 f. = GE 1993, 254 ff.; OLG München DWW 1991, 107 = MDR 1991, 971). Die Fälle weisen die Besonderheit auf, dass öffentlich-rechtlicher Naturschutz und nachbarrechtliche Abwehransprüche zusammentreffen und zu gegenteiligen Wertungen führen können. Jedenfalls massive Störungen der Nachtruhe durch Froschlärm sind nicht zumutbar. Auch wenn das Froschgequake aufgrund öffentlichen Rechts – vordringlich des Naturschutzes – zu dulden ist, sind durch nachbarrechtliche Ausgleichsansprüche gem. §§ 906, 1004 BGB nicht ausgeschlossen. Derartige Abwehransprüche sind bei dem Gequake eines einzelnen Frosches nicht gegeben.

Aber nicht nur das Nachbarrecht ist einschlägig, sondern auch das Bauplanungsrecht, wenn die Tierhaltung den Gebietscharakter verletzt.

Zu heftigem Tierlärm kann man deshalb nicht nur zivilrechtlich, sondern auch baurechtlich zu Leibe rücken. Allgemein lässt sich dazu sagen: Die Baubehörde muss einschreiten, wenn die Tierhaltung aufgrund der genannten Kriterien nicht zur bauplanungsrechtlichen Widmung des Wohngebietes passt. So ist die Haltung eines Minischweins im Wohngebiet aufgrund der ausgehenden Tiergerüche und Geräusche baurechtlich mit dem Gebietscharakter nicht vereinbar. Sie kann deshalb wegen Verstoßes gegen das Baurecht behördlich untersagt werden (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 5.2.2025 - 8 A 11067/24 OVG, juris). Das ist ebenso aufgrund der bisweilen enormen Geräuschentwicklung auch für die Haltung eines „baurechtswidrigen Papageis“ (OVG Münster, Urteil vom 8.1.2014 – 2 B 1196/13, NZM 2014, 359) entschieden worden. Das Ergebnis einer baurechtswidrigen „unüblichen Nutzung“ durch die Tierhaltung folge aus dem "eigenwilligen Rufverhalten" der Vögel, die mit sehr lauter Stimme eine ganze Bandbreite unterschiedlichster Geräusche wie etwa Pfeifen, Kreischen oder Krächzen erzeugen könnten. Dies berge ein Störpotenzial, das durch zahlreiche Nachbarbeschwerden unterlegt sei. Die Folge: Da die Vögel „ihren Schnabel nicht halten“, bekommen sie einen Platzverweis – die Ordnungsverfügung wird gerichtlich bestätigt. Das Gericht sieht in der Haltung von neun Kakadus, übrigens von ihrer Gestalt her der Gattung der Kleintiere zuzuordnen, in einem reinen Wohngebiet eine unübliche Nutzung.).

Ein Fallbeispiel:
„Tierisch ab“ ging es in einem Wohngebiet; im Außenbereich eines Grundstücks wurden vier Hunde in einem Zwinger gehalten. Dies sei in einem allgemeinen Wohngebiet baurechtlich unzulässig und daher zu untersagen, so das Verwaltungsgericht Trier (VG Trier, Beschluss vom 14.12.2021 - 7 L 3342/21, FD-MietR 2021, 444509). Denn die so praktizierte Hundehaltung führe zu einer wesentlichen Störung des Wohnens. Dies passe nicht zur Eigenart eines allgemeinen Wohngebiets. Geklagt hatte der Hundehalter gegen eine behördliche Nutzungsuntersagung der Zwingeranlage durch die Bauaufsichtsbehörde. Die Behörde monierte, dass die Anlage ohne Baugenehmigung errichtet worden sei und untersagte die Nutzung für die dauerhafte Unterbringung von mehr als zwei Hunden. Ein sehr typischer Fall, in dem Nachbarn nicht direkt gegeneinander vorgehen, sondern einer Baubehörde missliebige Verhältnisse „flüstern“. Einen baurechtlichen Grenzfall stellt die Haltung eines Hahnes im allgemeinen Wohngebiet dar (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29.5.2024 - 10 B 368/24, IMR 2024, 481 = WuM 2024, 479); die Frage, ob dies in Einrichtungen und Anlagen, verstanden als Nebenanlage im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO der Eigenart des Baugebietes widerspricht oder nicht, sei anhand der konkreten örtlichen Situation im einzelnen Fall zu klären.

Wie auch beim Tierlärm geht es beim Tiergeruch vor allem um die Frage, ob eine Tierhaltung zum Beispiel bauplanungsrechtlich, tierschutzrechtlich, satzungsrechtlich oder auch ordnungswidrigkeitenrechtlich überhaupt erlaubt ist oder nicht, und - wenn ja - welche Voraussetzungen und Grenzen dabei zu beachten sind. Die Klärung dieser Aspekte ist vorgreiflich für die Frage, ob Beeinträchtigungen durch Nachbars Tiere wesentlich oder unwesentlich, bzw. wesentlich, aber ortsüblich und nicht durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen verhinderbar sind. Sie erinnern sich: aufgerufen ist damit das Prüfungsraster von § 906 BGB. Also:

  • Erkundigen Sie sich bei der Gemeinde nach Verordnungen oder Satzungen, die Tierhaltungen in bestimmten Gebieten einschränken oder verbieten.
  • Anhaltspunkte für die ortsübliche Nutzung eines Grundstücks zur Tierhaltung bietet das Bauplanungsrecht. Klären Sie die bauplanungsrechtliche Situation ihres Wohngebietes. Möglicherweise passt zum Beispiel die Haltung landwirtschaftlicher Tiere bauplanungsrechtlich nicht in ein reines Wohngebiet! Anlagen für die Kleintierhaltung sind in reinen Wohngebieten zulässig, soweit sie der Eigenart des Baugebietes nicht widersprechen.
  • Ziehen Sie das Tierschutzgesetz heran, um zu klären, die Tiere zum Beispiel artgerecht gehalten werden.
  • Geht es um die Haltung gefährlicher Tiere, ist § 121 OWiG zu beachten.

Mit dem so entwickelten Vorverständnis zu den Grenzen erlaubter Tierhaltung kann man jetzt recherchieren, ob es Gerichtsentscheidungen gibt, die auf diese Fälle passen. Denn die Rechtsprechung hat zumeist mit dem Ansatz eines zivilrechtlichen Abwehr- und Beseitigungsanspruchs einzelne Vorfragen der wesentlichen oder unwesentlichen, ortsüblichen oder nicht ortsüblichen Beeinträchtigung entschieden.

Fokussiert auf den Tiergeruch dazu ein kurzer Auszug:

Beeinträchtigt der bei der Haltung mehrerer Katzen auf dem Nachbargrundstück entstehende Geruch saison- und witterungsbedingt das Nachbargrundstück so stark, dass Terrassen und Swimmingpool nicht mehr benutzt werden können, so ist von einer wesentlichen Geruchsbelästigung auszugehen. Das OLG München (MDR 1990, 1117) gestand dem beeinträchtigten Nachbarn einen Anspruch auf anderweitige Unterbringung der Katzen sowie die Unterlassung weiterer Katzenhaltung zu, soweit er nach § 906 Abs. 2 BGB nicht zur Duldung verpflichtet war. Eine solche Duldungspflicht bestand allerdings für die Haltung von zwei Katzen, da eine solche Katzenhaltung ortsüblich war (vgl. allg. zu Problemen bei der Katzenhaltung im Nachbarrecht: Borrmann / Greck, Typik des Katzenstreits im Nachbarrecht, ZMR 1993, 51 ff.).

In bauplanungsrechtlichen Außenbereichen insbesondere mit landwirtschaftlich geprägtem Gebietscharakter geht es beim Thema „Tiergeruch“ häufig auch um Schweinemastbetriebe, Rinderhaltung u. a. Kein Wunder also, dass es auch in diesen Fällen viel Rechtsprechung gibt. Grundsätzlich gilt: 

Auch wenn der Gesetzgeber die bodengebundene Landwirtschaft in § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert hat, beurteilt sich die Erheblichkeit einer Geruchsbelästigung ausschließlich nach § 906 BGB. Dafür gilt: Grundstücke, die im Dorfgebiet liegen oder nur den Schutz dort gelegener Grundstücke beanspruchen können, sind in verstärktem Umfang verpflichtet, Gerüche hinzunehmen, die mit dem Betrieb von Biogasanlagen, insbesondere der Siloplatte verbunden sind (BGH, Urteil vom 30.10.1998 – V ZR 64/98, NJW 1999, S. 356 (357); Bad-Württ. VGH, Beschluss vom 3.5.2006 – 3 S 771/06, BauR 2006, 1870; Nds OVG, Beschluss vom 14.3.2007 – 1 ME 222/06, BauR 2007, 1192, vgl. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 20.7.2007 – 12 ME 210/07, NVwZ 2007, 1210 zur erdrückenden Wirkung – Rücksichtnahmegebot; Nds OVG, Beschluss vom 4.10.2006 – 7 ME 43/06, NuR 2007, 41 zur Wechselwirkung von Immissionsschutzrecht und Bauplanungsrecht sowie zu immissionsschutzrechtlichen Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen bei Biogasanlagen).

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