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E-Mobilität: Auf der Vorfahrtstraße - immer?

Rechtsanwalt Dr. Hans Reinold Horst


Energiewende und Klimaschutz drängen zu neuen Mobilitätskonzepten und Antriebssystemen

Die E-Mobilität bekleidet dabei einen hohen Rang. Dementsprechend wird der Ausbau von elektrischer Ladeinfrastruktur auch durch den Gesetzgeber mit Wucht vorangetrieben. Ziel ist: Bis 2030 sollen in Deutschland insgesamt 1 Million elektrische Schnellladestationen zur Forcierung der Elektromobilität (Stromtankstellen) realisiert werden. Öffentlicher Raum und private Immobilien (vgl. z. B. Gesetz zum Aufbau einer Gebäude integrierten Lade- und Leitungsinfrastruktur für die Elektromobilität (Gebäude-Elektromobilitäts-Infrastrukturgesetz vom 18.3.2021 (BGBl. I 2021 Nr. 11, S. 354) stehen dabei gleichermaßen im Fokus.

Weil die Energiewende im Rahmen des Klimaschutzes auch ein staatspolitisches Ziel ist (vgl. Art. 20 a GG) wird der möglichst starken Verbreitung von E-Mobilität sprichwörtlich „Vorfahrt“ gewährt. So benötigt man für die Ladesäule im öffentlichen Verkehrsraum schon jetzt keine Baugenehmigung. Denn ihre Zulässigkeit richtet sich nur nach Straßenrecht und nicht nach Baurecht (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 13. Juli 2018 – 8 CE 18.1071, juris). Geklagt hatte ein Antragsteller, vor dessen Wohnhaus vier Parkplätze wegen Nachrüstung mit Stromtankstellen nur noch zum Aufladen von Elektrofahrzeugen genutzt werden können und deshalb als allgemeiner Parkraum nicht mehr zur Verfügung stehen; sein Eilantrag auf Baustopp wird abgelehnt. In diese Richtung tendiert auch das VG Gelsenkirchen (VG Gelsenkirchen, Urteil vom 23. Januar 2020 – 17 K 4015/18, juris): Das Abschleppen eines nicht elektrisch betriebenen Fahrzeugs von einem Sonderparkplatz für Elektrofahrzeuge erfolge berechtigt. Geklagt hatte der Fahrer eines reinen „Verbrenners“, der seinen Pkw straßenrechtswidrig auf einem speziell nur für E-Fahrzeuge gekennzeichneten Parkplatz mit Ladesäule abgestellt hatte.

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Also uneingeschränkte „Vorfahrt“ für die E-Mobilität? 

Die Grenzen zeigt jetzt das Verwaltungsgericht (VG) Frankfurt/Main auf (VG Frankfurt/Main, Urteil vom 18.2.2022 - 12 K 540/21.F, juris): Der Halter und Eigentümer eines Plugin-Hybrid-Autos und eines reinen Elektrofahrzeugs will diese Fahrzeuge auf der Straße vor seinem Haus mit Strom betanken. Deshalb beantragt er bei der Stadt die Sondernutzungserlaubnis für zwei Kabelführungen, die auch den Gehweg zwischen Haus und Straße kreuzen sollten. Mit Blick auf die dadurch geschaffenen Barrieren für Rollstuhl- oder Rollatorfahrer schüttelt die Stadt den Kopf. Durch die aufliegenden Kabel würden weiter „Stolperfallen“ geschaffen, auch wenn die Kabel durch Abdeckungen oder durch Kabelkanäle gesichert wären. Dies erhöhe die Sturzgefahr für Fußgänger.

Das Gericht bestätigte diese Auffassung, nachdem der „abgeschmetterte“ Antragsteller gegen den ablehnenden Bescheid geklagt hatte. Die von der Stadt genannten öffentlichen Belange seien gewichtiger als das Interesse des Klägers, seine Elektrofahrzeuge in der Nähe seines Hauses aufladen zu können. Entscheidend sei besonders die Wahrung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sowie eines einwandfreien Straßenzustandes (ebenso: Hess. VGH, Urteil vom 21 9. 2005 - 2 UE 2140/02, BeckRS 2005, 15664).

In seiner Klagebegründung hatte sich der Kläger vor allem auch auf das verabschiedete gesetzliche Klimaschutzpaket berufen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch den Staat zum Klimaschutz verpflichtet (Art. 20 a GG; BVerfG, Beschluss vom 24.3.2021 - 1 BvR 2656/18, 1 BvR 78/20, 1 BvR 96/20, 1 BvR 288/20, NJW 2021, S. 1723).

Dazu das entscheidende VG Frankfurt/Main (Rn. 18 der Entscheidungsgründe):

Dieser Ansatz führe nicht zu einer Verpflichtung der Stadt, dem Kläger für den von ihm angeführten Nutzungszweck die beantragte Sondernutzungserlaubnis zu erteilen. Denn Art. 20 a GG begründe keine subjektiven Rechte Einzelner. Auch sei er nicht als „Betroffene“ einer eventuell fehlerhaften Abwägung der Belange des Klimaschutzes zu betrachten. Denn er könne zum Laden seiner Fahrzeuge wie bisher auch die vorhandenen Ladestationen in Anspruch nehmen. Das behördliche Entscheidungsermessen sei daher korrekt ausgeübt worden (vgl. zur Berücksichtigung der Aspekte des Klimaschutzes im Rahmen einer behördlichen Ermessensentscheidung zur Erteilung einer beantragten Sondernutzungserlaubnis auch: OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 3.11.2011 - OVG 1 B 65/10, NVwZ-RR 2012, S. 217).

Schließlich führt nach zutreffender Auffassung des Gerichts auch die Berücksichtigung des Elektromobilitätsgesetzes (EmoG) vom 5. Juni 2015 (BGBl. I S. 898) in der Fassung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328 zu keiner anderen Bewertung. § 3 EmoG enthalte zwar Bevorrechtigungen für E-Fahrzeuge, doch umfasse das nicht die Ermessensbindung bei der Erteilung beantragter Sondernutzungserlaubnisse. Vor allem stehe die erwähnte Bevorrechtigung unter dem Vorbehalt einer uneingeschränkt aufrechterhaltenen Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs. 

Also keine uneingeschränkte und ausnahmslose „Vorfahrt“ für die E-Mobilität, sondern eine vernunftgetragene Abwägung zwischen den öffentlichen Belangen der Allgemeinheit und den rein persönlichen Interessen Einzelner. Anders formuliert: Klimaschutz und E-Mobilität sind keine Vehikel, eigene Interessen mit allem Nachdruck durchzusetzen.