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Abrisskündigung

Rechtsanwalt Dr. Hans Reinold Horst


Abrisskündigung wegen statischer Probleme und wirtschaftlicher Unvernunft eines Wiederaufbaus?

Das Wohnungsmietverhältnis besteht schon seit mehreren Jahrzehnten. Das Bad der Mietwohnung befindet sich in einem angeschlossenen Seitenflügel des Anwesens. Vermieter V kündigt wegen Behinderung an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Mietobjekts. Zur Begründung stützt er sich auf ein mit überreichtes Privatgutachten, nach dessen Ergebnis der Seitenflügel aus wirtschaftlichen und statischen Gründen abgerissen werden müsse; eine Wiederherstellung sei nicht ansatzweise darstellbar. Der Bereich des Bades sei sehr baufällig und nur unter erheblichen Gefahren begehbar. Der Anbau eines neuen Badezimmers koste rund 26.000 €; in Anbetracht der niedrigen Nettomiete in Höhe von 60 € monatlich rechne sich dies wirtschaftlich nicht. Ist diese „Abrisskündigung“ wirksam?

Nach Auffassung des BGH ist der ersatzlose Abriss eines Gebäudes keine wirtschaftliche Verwertung im Sinne des §§ 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB (ebenso: BGH, Urteil vom 24 3. 2004 - VIII ZR 188/03, NJW 2004, 1736) zumal der Räumungskläger und Vermieter auf Nachfrage angegeben habe, er wisse noch nicht, was er nach dem Abriss mit dem Grundstück weiter anfangen solle und wie er es verwerten würde. Von einer „wirtschaftlichen Verwertung“ sei im Falle eines ersatzlosen Abrisses eines Gebäudes oder eines Gebäudeteils auch deshalb nicht auszugehen, weil sich dadurch der dem Grundstück innewohnende materielle Wert nicht realisiere. Der Vermieter vermeide nur weitere Unkosten.

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Eine Kündigung wegen des wirtschaftlich allein sinnvollen Gebäudeabrisses komme aber aus § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB (Generalklausel des berechtigten Interesses des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses) in Betracht. Das im konkreten Einzelfall vom Tatrichter zu untersuchende berechtigte Interesse müsse allerdings genauso schwer wiegen, wie die in Abs. 2 der Vorschrift aufgeführten Regelbeispiele gesetzlich anerkannter Kündigungsgründe aus berechtigten Interessen des Vermieters an der Beendigung des Wohnungsmietverhältnisses. Dabei komme es auch auf die vorgetragene geringe Miete an. Allerdings bezeichnet der BGH die Investitionen für den Anbau eines neuen Bades in Höhe von 26.000 € im Verhältnis zu der auch zukünftig nur zu erwartenden Monatsmiete von 60 € netto lediglich als „Betrag in überschaubarer Höhe“, der auch nur einmalig anfalle (Rn. 27 der Entscheidungsgründe). Durch den Anbau erhöhe sich auch der Grundstückswert. Der geltend gemachte Aufwand für die Neuerrichtung des Bades werde dadurch auch „in gewissem Umfang kompensiert“ (Rn. 28 der Entscheidungsgründe). Das Vorbringen des Vermieters, er verfüge nicht über die erforderlichen finanziellen Mittel für die Errichtung des Bades, habe als unsubstantiiert außer Betracht zu bleiben. Denn es fehlten Angaben zu den eigenen finanziellen Verhältnissen (Einkommen, Mieteinnahmen aus sonstigen Objekten u.a.). Zu Möglichkeiten der Kreditfinanzierung eines „verhältnismäßig geringen“ Betrags für die Errichtung des Bades sei ebenfalls nichts vorgetragen (Rn. 29 der Entscheidungsgründe). All dies lasse den Vortrag eines erheblichen und gleichgewichtigen berechtigten Interesses an der Beendigung des Vertrags vermissen.

Tipp

Aus den Entscheidungsgründen ergibt sich als Tipp deutlich, dass man im Falle einer „Abrisskündigung“ einen konkreten Plan zur weiteren Verwertung des Grundstücks nach Abriss vorstellen und mit einem detaillierten wirtschaftlichen Vortrag dazu sowie zu den eigenen wirtschaftlichen Verhältnissen unterlegen sollte. Gar nicht gut ist es, mit dem Bekunden, man wisse selber nicht so recht, was man mit dem Grundstück hinterher anfangen wolle, „vor sich hin zu dümpeln“. Interessen, die erst gar nicht formuliert werden, können den Interessen eines Mieters am Festhalten des Mietvertrags auch nicht entgegengestellt werden. Erst recht können sie nicht mit dem Etikett „berechtigte Interessen“ im Sinne eines überwiegenden Interesses des Vermieters an der Vertragsbeendigung versehen werden (zum „rechtsmissbräuchlich“ verlangten Schadensersatz nach Mietende bei einem Abrisshaus wegen Beschädigungen in der Mietwohnung: AG Paderborn, Urteil vom 17.12.2020 - 51 a C 165/20, IMR 2021, 320).

Nachzutragen bleibt, dass der BGH den ersatzlosen Abriss eines nur mit erheblichem Aufwand zu sanierenden Wohnkomplexes unter besonderen Umständen als Kündigungsgrund zulässt (BGH, Urteil vom 16.12.2020 - VIII ZR 70/19, NZM 2021, 271 ff Rn. 27 der Entscheidungsgründe; BGH, Urteil vom 24.3.2004 - VIII ZR 188/03 zum Abriss eines weitgehend leer stehenden Plattenbaus mit 142 Wohneinheiten mit andernfalls Jahr für Jahr steigenden Unterhaltungskosten „in beträchtlicher Höhe“).

Gleichwohl zeigt sich diese eingeschränkte Möglichkeit einer „Abrisskündigung“ besonders bei erlittenen schweren Gebäudeschäden innerhalb der jüngsten Flutkatastrophe Mitte Juli 2021 als prüfenswert. Bei einem Totalverlust des Gebäudes kann dagegen von einem Abriss nicht mehr ausgegangen werden, sondern nur noch von einer Beseitigung der Trümmer und ihrer Entsorgung als Sondermüll. Die Frage einer Kündigung des Mietverhältnisses stellt sich dann nicht mehr. Vielmehr erlischt der Vertrag wegen Unmöglichkeit der geschuldeten Überlassung der Mieträume als Hauptleistungspflicht des Vermieters (§§ 275, 326 BGB).